14.11.2022

 

Gedanken zum Volkstrauertag

Am vergangenen Sonntag haben wir den Volkstrauertag in einer Gedenkstunde begangen. Ein besonderer Tag, der an die schrecklichen Ereignisse der beiden Weltkriege mit den vielen Toten und Vermissten erinnern soll.

 

Für viele von uns, die wir keinen oder nur noch geringen Kontakt zu dieser Thematik haben, ist dieser Tag vielleicht ein Sonntag wie jeder andere auch. Die Erinnerungen an die beiden Weltkriege mit all dem Leid, dem Terror, Hass, Zerstörung, der Verschleppung und Ermordungen vieler tausender unschuldiger Menschen verblasst. Einige können nicht mehr erklären, warum überhaupt ein Kranz am Mahnmal auf dem Friedhof niedergelegt wird.

 

Doch dann sehen wir die Bilder von Auslandseinsätzen unserer Bundeswehr. Dabei sterben Soldatinnen und Soldaten im Einsatz oder kommen körperlich und psychisch belastet wieder nach Hause. Ebenso sehen wir Menschen auf der Flucht, die sich auf einen weiten und beschwerlichen Weg machen, um aus den Kriegen in ihrer Heimat zu fliehen. Sie geben hierfür sogar ihre Wurzeln auf und setzen ihr Leben aufs Spiel, um in einem freien Land nochmals neu anfangen zu können.

 

Dann kommen die Auswirkungen von Krieg und Terror doch wieder sehr nahe.

 

Genau das spüren wir derzeit mit dem inakzeptablen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine. Plötzlich kommt eine Bedrohung wieder sehr nahe. Und sie bringt dann auch Einschränkungen für uns mit. Sei es die Anzahl an Geflüchteten aus der Ukraine, die versorgt werden müssen oder die Einschränkungen unserer Strom- und Gasversorgung. Nun wird vieles für uns realer als in den letzten Jahren. Ein Krieg in Europa führt uns die Zerbrechlichkeit des Friedens deutlicher vor Augen.

 

Daneben beneiden uns sehr viele Menschen in der Welt um unseren demokratischen Rechtsstaat, mit all seinen Freiheiten und Grundrechten. Wir sehen ihn als gegeben und selbstverständlich an, doch der Erhalt dieser Rechte ist kein Selbstläufer. Er be-darf immer wieder vollen Einsatz gegen Strömungen, egal ob von ganz links oder ganz rechts. 

 

Wenn wir uns immer wieder neu ermahnen, dass wir uns jeden Tag neu aktiv für unsere demokratischen und rechtstaatlichen Grundsätze einsetzen müssen, dann ist der Volkstrauertag nicht ein altertümliches, verstaubtes Relikt aus vergangenen Tagen, sondern dann ist er brandaktuell und wir sind mittendrin. Dieser Tag steht für Gedenken und Innehalten, für Empathie und Mahnung, für Verständigung und Versöhnung. Er ist auch eine Brücke in die gemeinsame friedliche Zukunft Europas. Deshalb ist es klug, auch zukünftig unter diesen Gedanken den Volkstrauertag als besonderen Tag zu begehen. 

 

 

Jochen Becker

Ortsbürgermeister