03.11.2022
Stellungnahme zur Festlegung der Steuerhebesätze 2023
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 28.10.2022 intensiv über die Festlegung der Steuerhebesätze ab 2023 gerungen. Ausgangspunkt war die Mitteilung der Kreisverwaltung, dass sich die Nivellierungssätze des Landes für 2023 erhöhen werden.
Grundsätzlich steht es der Ortsgemeinde frei, ihre Steuerhebesätze selbstständig festzulegen. Jedoch gelten die vom Land herausgegebenen Nivellierungssätze als zu beachtender Mindestwert. Durch die Darstellung, wie diese Nivellierungssätze des Landes zu berücksichtigen sind, wird deutlich, dass bei Nichtanpassung der Steuersätze auf diese Ebene der Ortsgemeinde finanzielle Nachteile entstehen. Zum einen werden diese Nivellierungssätze bei der Berechnung der Umlagen (z. B. Kreis- und Verbandsumlage) herangezogen, auch wenn sie nicht angesetzt werden und zum anderen hätte dies negative Auswirkungen auf etwaige Förderungen. Somit würde die Ortsgemeinde Hof Eigenmittel für den Ausgleich aufbringen müssen.
Warum jedoch die Anpassung der Steuerhebesätze in nicht unerheblicher Form zum jetzigen Zeitpunkt durch das Land gefordert werden, bedarf einen Rückblick in einen Rechtsstreit der Kommunen mit dem Land Rheinland-Pfalz über die Gerechtigkeit und Auskömmlichkeit des kommunalen Finanzausgleichs. Ausgangspunkt dabei war vereinfacht ausgedrückt, die Forderung, dass das Land die Kommunen so finanziell auszugestalten hat, dass sie ihre Aufgaben auch vernünftig ausführen können. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat in seiner Entscheidung vom 16.12.2020 das Land Rheinland-Pfalz verpflichtet, den kommunalen Finanzausgleich bis spätestens zum 1. Januar 2023 neu zu regeln. Die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes sollen fristgerecht mit dem Gesetz zur Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den kommunalen Gebietskörperschaften umgesetzt werden.
Hierzu stehen dem Land verschiedene Instrumente zur Verfügung, da das Gericht bei seiner Entscheidung keine konkreten und abschließenden Vorgaben zur Umsetzung gemacht haben.
Somit hat das Land zur teilweisen Erhöhung der Finanzmittel der Kommunen ein Instrument gewählt, welches garantiert Mehreinnahmen der Kommunen akquiriert, jedoch auch gleichzeitig für nicht unerheblichen Unmut bei den Grundstückseigentümern sorgt. Dieses jedoch wird dann gegen den Gemeinderat und nicht gegen das Land Rheinland-Pfalz seitens der Bürgerschaft zum Ausdruck gebracht. Der Gemeinderat hat aber dem Grunde nach keine Wahl, sich der Erhöhung der Steuerhebesätze zu entziehen, will er nicht finanzielle Nachteile für die Ortsgemeinde riskieren. Hier liegt aber gerade ein Spannungsverhältnis des Rates zwischen der guten Vertretung der Bürgerinnen und Bürger und der finanziellen Schadensabwendung von der Ortsgemeinde.
Durch diesen Schachzug wählt das Land einen Weg, der sie nicht belastet, aber trotzdem zumindest teilweise dem Urteil gerecht wird. Hier darf die Frage erlaubt sein, ob es nicht zielführender gewesen wäre, alle Einnahmen und Ausgaben des Landes auf den Prüfstand zu setzen und durch etwaige Einsparmaßnahmen finanziellen Spielraum für einen gerechten Finanzausgleich zu schaffen. Jedoch ist diese gewählte Variante für das Land interessanter und weniger schmerzhaft. Ob es gerechter ist, eine direkte weitere Belastung der Bürgerinnen und Bürger herbeizuführen, ist eine andere Frage. Hier wünsche ich mir mehr Mut und Ehrlichkeit der Landesregierung, dies den Betroffenen zu erläutern und darzulegen sowie mitzuteilen, dass auch andere Einsparmaßnahmen auf Landesseite nicht vorhanden waren. Insbesondere die Erhöhung der Grundsteuer B um 100 Prozentpunkte erscheint bei weitem zu hoch gegriffen. Hier wird in die Taschen derer gegriffen, die keine Alternative haben. Entgegen den Gewerbetreibenden, die möglicherweise einen Standortwechsel bei einer Erhöhung der Gewerbesteuer in Erwägung ziehen, werden die wenigsten deshalb ihren Grund und Boden verlassen.
Natürlich stellt sich nun die Frage, wie mit diesen Nivellierungssätzen in den einzelnen Ortsgemeinden umzugehen ist. Auch ist sicherlich die Frage erlaubt, was passieren würde, wenn alle Ortsgemeinden ihre Steuerhebesätze nicht erhöhen und somit einen gemeinsamen Druck auf das Land ausüben würden. Dies würde erst einmal keine großen Auswirkungen haben, da hierdurch der kommunale Finanzausgleich durch das Land nicht anders strukturiert wird. Daneben würden allen Kommunen, welche ihre Sätze nicht auf die Vorgaben anpassen, die oben beschriebenen Einschränkungen erfahren. Kommunen, ohne Rücklagen oder freie Mittel würden spätestens dann im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2023 von der Aufsicht entsprechend gerügt und erhielten keine Genehmigung.
Der Ansatz muss daher lauten, in der kommunalen Familie über den Gemeinde- und Städtebund dies dem Land zu verdeutlichen. Darüber hinaus kann auch jeder gerne seine Landtagsabgeordneten hierzu befragen.
Zur Klarstellung sei noch erwähnt, dass die Anpassung der Nivellierungssätze zu einem Zeitpunkt erarbeitet wurden, als die Belastungen durch den Ukrainekrieg und die Heiz- und Stromkostenexplosion noch nicht absehbar waren. Ebenso ist dies auch nicht der mögliche Vorgriff auf die noch ausstehende Grundsteuerreform. Trotzdem ist es doppelt ärgerlich, dass die Menschen neben den stetig steigenden Kosten für den Alltagsbedarf nun auch höhere Abgaben zu zahlen haben.
Abschließend beschließt der Gemeinderat mit viel Bauchschmerzen daher mehrheitlich, für das Haushaltsjahr 2023 die Steuerhebesätze auf die Höhe der Nivellierungssätze des Landes zu ändern und die Hundesteuer auf dem Niveau von 2022 zu belassen
Jochen Becker
Ortsbürgermeister